Trotz ein paar Schwierigkeiten in der Organisation, konnte das Seminar, durchgeführt von Rainer, Lorenz, Stefan und Thomas vom Team Tauchen für den Naturschutz, doch stattfinden. Anders als ursprünglich geplant ging es zum Freizeitsee Biblis, einem 50,6 ha großer noch teils aktiver Kiesabbausee (https://nawita.de/langzeitmonitoring-im-biblis-kaercher-surfsee). Hauptsächlich wird der See zum Surfen und Baden genutzt, Tauchen ist mit Anmeldung erlaubt.
Nach einer allgemeinen Begrüßung gab es zunächst eine kurze Einführung in die Ökologie von Stillgewässern. Thematisiert wurde der theoretisch idealisierte Aufbau eines natürlichen Sees, mit der Abfolge von Ufergehölzen über Röhricht, Schwimmblattzone bis hin zu untergetauchten höheren Pflanzen, Armleuchteralgen und schließlich die tiefen Zonen ohne Bewuchs. Über das nächste Thema Nahrungsnetze, Phyto- und Zooplankton, ging es über zu Fischen in Seen, kurz wurden thematisch noch einheimische und nicht-einheimische Wasservögel, Krebse und Muscheln gestreift. Auch die Bedeutung und Schwierigkeit von ökologischem Monitoring und sowie die wichtige Rolle, welche TaucherInnen dabei spielen können, wurde behandelt.
Als nächstes standen Gruppeneinteilung und eine kurze Absprache der Tauchgebiete an, dann ging es in vier Gruppen a 3-4 Personen endlich ins Wasser. Der Auftrag war, in Klarsichtbeuteln verschiedene Pflanzen und Tiere bzw. deren Überreste (Schalen, Exuvien) zu sammeln und mitzubringen. Zudem sollten wir darauf achten bis in welche Wassertiefe beispielsweise Pflanzen vorkommen, oder ob es irgendwelche Auffälligkeiten gibt. Wichtig war hierbei, den Tauchgang mit offenen Augen für das Gewässer zu absolvieren.
Nachdem auch die letzte Gruppe das Wasser verlassen hatte und das Tauchzeug einigermaßen aufgeräumt war, ging es an das Sichten der Ausbeute. Zunächst wurde besprochen, was uns generell aufgefallen ist. Thematisiert wurden hierbei etwa die untere Makrophytengrenze (Bis in welche Wassertiefe kommen Pflanzen vor?) die hier bei ca. 13m liegt, aber auch Temperatur und insbesondere Sprungschichten inklusive der zugrundeliegenden natürlichen Abläufe wurden ausführlich behandelt. Des weiteren wurde die Ausbeute in Schalen sortiert und besprochen, besondere Erkennungsmerkmale angesprochen. Dabei lernten wir auch, dass Pflanzen aufgrund ihrer Spezialisierung auf bestimmte Umweltfaktoren, etwa den Nährstoffgehalt des Gewässers, schließen lassen. So lässt sich auch die biologische Güte ermitteln.
Bild 1 und 2: Skizze des Aufbaus eines Sees und Nährstoffkreislauf; Klarsichtbeutel mit gesammelten Pflanzen und Tieren (Foto: A. Sommerfeld, 14.09.2024)
Arten:
Fische:
Ein großer (ca. 1,8-2m) Europäischer Wels (Silurus glanis) wurde gesichtet, sowie ein Hecht (Esox lucius). Des Weiteren ein kleiner Trupp mittelgroßer sowie verbreitet kleine Flussbarsche (Perca fluviatilis), ebenso ein kleiner Trupp größerer und verbreitet kleine Sonnenbarsche (Lepomis gibbosus) und ein Schwarm Rotaugen (Rutilus rutilus).
Muscheln:
Die einzigen gefundenen Mollusken sind die nicht einheimischen Arten Zebramuschel (Dreissena polymorpha) und Körbchenmuschel (Corbicula spec.), wobei die Zebramuschel aufgrund der Gewässermorphologie (sandig, kaum Hartsubstrat an welches die Zebramuschel sich anhaften könnte) nicht sehr häufig ist. Wo geeignetes Substrat zu finden war, wurde dieses jedoch meist auch besiedelt.
Krebse:
An Flusskrebsen wurde nur der Kamberkrebs (Orconectes limosus) gefunden. Meist jedoch keine lebenden Exemplare sondern Exuvien oder tote Exemplare bzw. deren Überreste. Auffällig war, dass Reste toter Krebse besonders oft neben Löchern im Pflanzenpolster zu finden waren. Die Vermutung liegt nahe, dass hier ein Fisch, z.B. ein Flussbarsch einen Krebs unter den Pflanzen aufgestöbert und gefressen hat.
Pflanzen:
Insgesamt konnte unsere Gruppe 12 verschiedene Pflanzenarten finden. In geringeren Wassertiefen kamen hauptsächlich das Ährige Tausendblatt (Myriophyllum spicatus) und das Raue Hornblatt (Ceratophyllum demersus) vor. Seltener waren hier zu finden Großes Nixkraut (Najas marina), Durchwachsenes Laichkraut (Potamogeton perfoliatus), Spiegelndes Laichkraut (Potamogeton lucens), Haarblättriges Laichkraut (Potamogeton trichoides), Nuttalls Wasserpest (Elodea nuttallii) und eine Art Froschlöffel (Alisma spec.) . Besonders zu Erwähnen ist das Zwerglaichkraut, welches an einer Stelle ebenfalls in geringer Wassertiefe gefunden wurde. In etwas tieferem Wasser bedeckte die Stern-Armleuchteralge (Nitellopsis obtusa) in stellenweise 70cm hohen Polstern den gesamten Grund. Hier kamen nur sehr vereinzelt andere Arten vor. Noch tiefer bis zur unteren Makrophytengrenze hin kamen die Gemeine Armleuchteralge (Chara vulgaris) und die Zerbrechliche Armleuchteralge (Chara globularis) vor.
Vögel:
Es wurden lediglich drei verschiedene Vogelarten beobachtet (Blässhuhn, Nilgans und Kanadagans), wobei der Fokus des Tages auch nicht auf dieser Tiergruppe lag.
Vielen Dank an das Team von Naturschutztauchen Hessen, für den spannender Tag, mit Einblichen in die komplexe, faszinierende Ökologie unserer Tauchgewässer und neuen Sichtweisen auf uns und den Tauchsport. Dass viele Fragen von Seiten der Teilnehmenden kamen zeigt das Interesse an der Thematik und es ergaben sich einige gute Diskussionen, auf verschiedenen fachlichen Ebenen. So war auch für Teilnehmende, die in der Thematik bereits Vorkenntnisse haben, das ein oder andere Neue dabei.